Vor 27 Jahren trat die E-Jugend, die Mädels waren damals 12 Jahre alt, die lange Reise zur Deutschen Meisterschaft nach Hinte in Ostfriesland an. Damals hieß es Deutsche Meisterschaft mit Bundesspielfest. Das Turnier begann mit einem Zusatzwettbewerb, bei dem die Kinder außer ihrer Volleyballfähigkeiten noch in den Sparten Schnelligkeit, Kraft und Koordination gegeneinander antreten mussten. Aufgrund eines kleinen Patzers im Laufparkur erreichte Mauerstetten nur einen 15. Platz. Das hatte zur Folge, dass jede Mannschaft, die in diesem Zusatzwettbewerb besser platziert war, ab der Zwischenrunde pro Satz drei Punkte Vorsprung bekam. Somit war uns bereits vor Beginn des Turniers bewusst, dass wir in der heißen Phase zusätzlich mit dieser Hürde zu kämpfen hatten.

In der Vorrunde startete Mauerstetten in einer Vierergruppe und gewann sofort das erste Spiel gegen Rotenburg (Hessen) mit 2:0. Gegen Wengerohr (Rheinland-Pfalz) gelang uns nur ein 1:1. Im nachfolgenden Spiel gegen den haushohen Favoriten Berlin gewannen die Mädchen überraschend klar mit 2:0. Die beiden Erstplatzierten aller fünf Gruppen wurden jetzt in zwei neue Fünfergruppen eingeteilt. Ab jetzt mussten wir jeden Satz mit einem 0:3 Rückstand beginnen.

Gegen Ochsenhausen (Baden-Württemberg), Wiesbaden (Hessen) und Offenburg (Südbaden) konnten wir uns klar mit 2:0 durchsetzen. Gegen Geldern (Nordrhein-Westfalen) gelang dagegen nur ein 1:1, welches aber trotzdem zum Gruppensieg und somit zum Einzug ins Finale reichte. In der anderen Gruppe setzten sich die favorisierten Berliner Mädchen ebenfalls ungeschlagen an die Spitze.

Der SVM hatte es wegen des erwähnten 0:3-Rückstandes wiederum sehr schwer, da dieser auch im Kopf weggesteckt werden musste. Schnell war der erste Satz mit 7:15 verloren. Nun besannen sich unsere Mädels auf ihre kämpferischen Fähigkeiten und erspielten sich Punkt für Punkt zum 15:13 Satzausgleich. Nach dem 15:11 Satzgewinn im Tiebreak lagen sich die Spielerinnen, das Trainerteam Karin und Berthold Marx sowie die mitgereisten Eltern und Fans weinend in den Armen. Schließlich war es für uns alle unvorstellbar, dass wir als kleiner Dorfverein gegen Berlin gewinnen konnten.

Die Emdener Zeitung schreib nach dem Wochenende: "Ein lautstark mitgehendes Spalier aus Spielern und Zuschauern umrahmte das Endspiel, hier standen sich der Favorit CJD Berlin und der SV Mauerstetten gegenüber und zeigten noch einmal alles, was Jugendvolleyball so beispiellos kennzeichnet: Hochgradige Spannung, originelle Ballwechsel, taktische Cleverness und technische Eleganz sorgten für ein Bilderbuch-Finale, in dem am Ende die überglücklichen Bayern siegreich waren."

Diese Meisterschaft war nicht nur sportlich ein Highlight sondern auch das Rahmenprogramm war perfekt. Als wir ankamen bekamen wir unser Klassenzimmer zugeteilt, welches wir mit einer anderen Mannschaft teilen mussten. Kaum zu glauben, es waren unsere Endspielgegnerinnen aus Berlin. Heute wäre das undenkbar. Bei der Siegerehrung nahmen wir nicht nur den Pokal für den Deutschen Meistertitel mit, sondern erhielten noch den Ehrenpreis für die weiteste Anreise (900 km).

Da die Meisterschafft in die Pfingstferien fiel, sprachen wir mit den Familien ab, dass wir aufgrund der weiten Reise noch ein paar Tage an der Nordseeküste anhängen wollten. Wir unternahmen Ausflüge nach Greetsiel und Bensersiel und ließen uns immer wieder Siggis Brotzeit (Cabanossi, Gurke, Paprika, Essiggurke, Brot und Äpfel) schmecken. Höhepunkt waren die Schifffahrt auf die Insel Helgoland mit dem Besuch der langen Anna und die Wattwanderung von der Insel Baltrum zurück zum Festland.

Als wir in Steinholz ankamen wurden wir mit drei Cabrios überrascht, in denen wir einem Feuerwehrauto folgend nach Mauerstetten zum Kirchplatz gefahren wurden. Dort erwartete uns ein überwältigender Empfang mit ganz vielen Bürgern aus der Gemeinde, Bürgermeister Alexander Müller, SVM-Vorstand Wolfgang Rein, dem BLSV Präsidenten Hubert Müller sowie der Blasmusik. Diese spielte für die frischgebackenen Deutschen Meister die Bayern- sowie die Deutsche Nationalhymne. Das waren sehr bewegende Momente.

Tage und Wochen danach erreichten uns unzählige Glückwünsche aus der Volleyballumgebung, Zeitungsberichte, Interviews und Siegesfeiern. Dies war letztlich der Beginn des Volleyballbooms in Mauerstetten. Viele Kinder kamen von überall her, um Volleyball spielen zu lernen und hatten die Hoffnung, dass sie auch einmal ein solches Event erleben dürfen.

Aber so etwas erreicht man nur einmal im Leben, das dachten wir zunächst. 2015 gelang dem SV Mauerstetten dieser Erfolg mit der U14 in Straubing erneut. Bis heute durften die Volleyballer an 28 Deutschen Meisterschaften teilnehmen. Mit Lenka Dürr haben wir mittlerweile eine Spielerin in der Nationalmannschaft sowie der Bundesliga, Simona Dammer und Chiara Lukes als erfolgreiche Deutsche Beachmeisterinnen, Isabel Martin spielt sehr erfolgreich in Amerika und auch viele Spielerinnen, die außerhalb des SV Mauerstetten ihr Volleyballtalent präsentieren.

Der Deutsche Meistertitel 1993 hat auch dazu beigetragen, dass wir in "Volleyball-Deutschland" eine feste Größe sind und uns (anders als 1993) jeder kennt. Jeder weiß um die SVM-Talentschmiede, die uns auch zweimal die Auszeichnung für hervorragende Jugendarbeit beim BVV eingebracht hat. Durch unsere regelmäßigen Teilnahmen an überregionalen Wettkämpfen und das Amt der Landesjugendspielwartin Bayern, welches Karin Sailer inne hat, war unsere Bewerbung erfolgreich, die Deutsche Jugendmeisterschaft der U14 in Mauerstetten/Kaufbeuren 2019 auszurichten. Dies war eine Mammutaufgabe, die wir gerne mit unseren über 100 Helfern gestemmt und zu einem unvergesslichen Ereignis haben werden lassen.

Somit haben wir als Volleyballabteilung alles erreicht und gewonnen, was es zu gewinnen gibt.

Für mich persönlich wird die Deutsche Meisterschaft 1993 in Hinte das größte Erlebnis mit vielen wunderschönen Erinnerungen bleiben.

Spielerinnen: Carina Meixner, Marina Lerche, Kathrin Negele, Anne Peter, Eva Werner, Melanie Just

Trainer: Karin und Berthold Marx

Endtabelle: 1. SV Mauerstetten, 2. CJD Berlin, 3. TuS Hinte, 4. VC Eintracht Geldern, 5. VC Wiesbaden, 6. SC Union Emlichheim, 7. TV Sulzbach, 8. SV Ochsenhausen, 9. TSG Kraftwerk Boxberg, 10. VC Offenburg, 11. PSV Wengerohr, 12. VGH Alstertal-Harksheide, 13. SG Echte/Kalefeld, 14. SV Chemie Genthin, 15. Kieler TV, 16. VSG Bremen, 17. TG Rotenburg, 18. PSV Potsdam, 19. SV Tröbnitz